Im schwarzen Kleid
[Wechselstrophenelied, 1981]
Ich stehe am Treffpunkt und warte auf dich
(ist 's Zufall?) im schwarzen Kleid.
Du gehst vorbei - und siehst nicht auf mich!
Ich ahne kommendes Leid.
Ach, wenn doch das Missverständnis nicht wär'.
Und ewig derselbe Krieg.
Wie ist das Gemeinsame gar so schwer:
immer ein Kampf um den Sieg.
Ich stehe und warte - und sehe dir zu,
wie du nicht um die Ecke biegst!
Dumpf schlägt ein Haustor - und weg bist du.
(Ich schäme mich, wenn du lügst?!)
Ach, wenn doch das Missverständnis nicht wär',
das uns so völlig entzweit...
Und jede Versöhnung: banal und leer.
Das Einende gar so weit.
Ich stehe noch immer und weiß nicht recht,
was nun mit mir passiert.
Der Boden tut sich nicht auf. (Das ist schlecht.)
Was wär', wenn mir übel wird?
Ach, wenn doch das Missverständnis nicht wär'.
Und unsere Gespräche? Träg.
Du bist so abwesend... liebeleer...
Ist das der gemeinsame Weg?
Ich steh - von Passanten angegafft
(es kommt mir zumindest so vor) -
und spüre die Zeit, die sich dehnt... und rafft...
und schaue gebannt auf das Tor.
Ach, wenn doch das Missverständnis nicht wär',
das uns schon so lange plagt.
Ich weiß gar nicht, wie lang! Und wo kam es her?
Ich hab' dich das nie gefragt.
Ich stehe, so irgendwie ängstlich-verdutzt,
weiß wirklich nicht, was ich hier soll.
Ich hab' mich zum Treffen herausgeputzt!
Nun bist du nicht da. Na toll.
Ach, wenn doch das Missverständnis nicht wär'.
Und immer das gleiche Lied:
So lass mich, ich kenn' mich ja selbst nicht mehr.
Und irgendwas schwingt darin mit.
Ich stehe und denke mir: „Ganz schön blöd.“
(und mein' damit: dass ich noch bleibe.)
Es ist ja doch wirklich zu dumm. Und öd.
Ich weiß nicht, was ich hier treibe.
Ach, wenn doch das Missverständnis nicht wär',
das offenbar nie sich klärt.
Denn wenn ich es ansprechen will, bist du sehr
...beschäftigt ...und in dich gekehrt.
Ich stehe und schau die Fassaden entlang:
Altwiener Gründerzeit.
Masken und Fratzen (fröhlich und bang)
von Abgasen gräulich beschneit.
Ach, wenn doch das Missverständnis nicht wär'.
Wir waren uns früher so nah!
Verstanden einander vom Innersten her.
Ist davon denn gar nichts mehr da?
Ich stehe - mir tun schon die Füße weh -,
betrachte den Fensterwald.
Dort oben! Mir ist 's, als ob ich dich seh!
Verflucht, dieser harte Asphalt.
Ach, wenn doch das Missverständnis nicht wär'!
Ich bin doch nicht hier, um zu schauen,
was du da treibst... mit wem ...oder: wer
mich denn deiner beraubt! O Grauen.
Ich stehe noch immer. Ich komm' nicht vom Fleck.
Du hattest mich herbestellt!
Dann: sahst du mich nicht - und warst plötzlich weg.
Was soll das! Versteh' ich die Welt?
Ach, wenn doch das Missverständnis nicht wär'.
Soll ich 's zu denken mich trauen:
Bestelltest du mich vielleicht gar nicht her?
Du treibst es mit anderen Frauen!
Ich zaud're: Was sagtest du denn zu mir?
Ich weiß doch den Ort und die Zeit!
Du nanntest mir beides - und gingst durch die Tür...
Doch dann gingst du einfach zu weit.
Nicht Missverstehen, Verstehen ist schwer!
Zu zweit kamt Ihr - eng umschlungen -
zum Haustor heraus. Du sahst zu mir her!
Da hat mich der Boden verschlungen.
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