Stillleben
[1976]

Im Goldrand: ein Bild (mit bizarren
Wunderblumen und Gräsern).
Im Zimmer: ein Tisch (mit Zigarren,
Weinkrug und halbvollen Gläsern).

Über dem Tisch (in der Schwebe
bläulich sich kräuselnder Schwaden)
liegt eine Schwermut: als gäbe
es Sehnsüchte, uneingeladen.

Heimlich erklomm eine Frage
(wohl über ein Fenster?) das Zimmer.
Wir lauschen... und klären die Lage:
Nein. Hier ist es wie immer.

Wir rauchen und trinken und flirten.
Sinnlich und heiß wird es nun...
Wie wollüstig wir uns begehrten!
Also, wir mussten es tun.

Aufreizend tickt eine Uhr (schafft
Rhythmus, mit Wohlklang vermischt).
Ein Schwelbrand sich steigernder Urkraft
entquillt uns mit schäumender Gischt.

Den Sinnen ist nicht mehr zu trauen!
(Der Mensch hat so seine Natur.)
Wir sind - bis zum tagenden Grauen -
entrückt in Ekstase pur!

Gewiss, es spricht keiner von Liebe.
Ich auch nicht. (Wie soll denn das gehn?)
Nur hinter dem Vorhang - die Diebe,
die bleiben noch lange da stehn...

Ahnen sie denn, was ich fühle?
Aber sie sind nicht real!
Ich gieße in meine Gefühle
noch etwas Wein. Er schmeckt schal.

Zärtlich flackert der Reigen
der tanzenden Kerzenlichter -
fragende Augen schweigen
das Schweigen chinesischer Dichter.


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