Wohlstandskritik
[Ballade an die Generation meiner Eltern, 1970]

Ambitionen habt auch Ihr gehabt
(gewiß nicht nur für Krieg und Gräueltaten).
Doch sind Euch die Visionen weggeschwappt,
das Meer verebbt, Geysire hohl geraten.

Der Zunder, innerem Sehnen nachzustreben,
verglühte wohl, bevor er Flammen schlug.
Und manch ein Funkenflug vom wahren Leben
erstarb im rußgeschwärzten Selbstbetrug.

Nur vor-sich-hin-zu-leben ist nicht schwer!
Und bloß zu wollen, was erreichbar ist,
nie nachzufragen, wie das Dasein wär,
wenn man es nicht an Alltagswerten misst,

ist kleinlich, schäbig; und macht greisenhaft.
Ihr ekelt euch vor lebenstollen Kindern
und wollt ihr Wesen - ihre Lebenskraft -
im Druck der Wohlstandsübermacht verhindern?

Ich hab mich andern Sehnsüchten verschrieben!
Nicht ködert Ihr mein Sehnen durch Besitz.
Und sind auch Euch die Träume fortgeblieben,
verwerft nun meine nicht als Aberwitz!

---

Es ist erbärmlich, Schmeicheln vorzutäuschen
und dabei Druck zu machen, liebeleer.
Ich hasse den „Gewinn“ aus Habgier-Räuschen.
Ich will was anderes. Und davon mehr!

Das ist Euch fremd? Schwand Euch das Angedenken
an Eure eigene vitale Kraft?
So habt Ihr nun halt nichts mehr zu verschenken,
müsst Euch erbetteln, was Ihr selbst nicht schafft.

Doch könntet Ihr das Leben wiederholen
und hättet alle Möglichkeiten frei,
gestalterisch die Zukunft zu entrollen,
ein Ziel zu setzen, fern vom Einerlei:

Ich fürchte, dass Ihr wieder dahin kämt,
wo Ihr, wie jetzt, am bittern Ende steht.
Nichts anderem als Wohlstand wird gefrönt!
Missachtend, dass die Welt zu Grunde geht.

Konsum macht faul. Doch Völlern macht auch krank!
Gibt es nichts anderes, wonach Ihr strebt?!
Einst gab's gewiss etwas, doch das versank.
Und alles andere ist rasch durchlebt.

---

Ich will dereinst nicht so geworden sein.
Bin ich doch ein der Welt entstammendes,
der Menschheit Kind, nicht Eures nur allein.
Und daher ist mein Selbst ein flammendes!

Ich mag nicht denken, wie es anders sei.
Vielleicht, weil ich das tu, ist es auch nicht!
Wie dem auch sein mag, ich bin stolz und frei.
Ich folge der Vision der Menschen-Pflicht!

Die macht sich nichts aus materiellen Werten.
Euer: „Du bist erst wer, wenn Du was hast“,
das heißt doch eigentlich, das Sein entwerten!
Auf die Art ist das Leben schon verprasst.

Da will ich lieber andern Zielen folgen,
nicht bürgerlichen (die sind marginal).
Ich mach mir nichts aus Eurer Art „Erfolgen“.
Ich lebe lieber! Das ist meine Wahl.

Ich mag der Menschen Seelen Wege spüren...
mag ihren Flug erahnen..., ihren Sturz...,
mag helfen, ihre Reise fortzuführen...
Dann flieg ich selber auch! Und nicht zu kurz.


~ ~ ~ * ~ ~ ~