Ich bin mir selbst genug
[als Perpetuum Mobile zu lesen, 2006]
Ich kann mich eines Windhauchs freu'n,
der meine Schläfen kühlt...
Und mit den Wolken im Verein
('s ist keiner, der sie hielt!)
fliegt meine Seele hinterdrein
dem, was sie fühlt!
Ich hebe ab - und schwebe!
Und das bloß, weil ich lebe.
Ich kann durch Blumenwiesen geh'n
und Schmetterlinge wecken...
Mir ist so leicht! Und das ist schön:
ich kann mich räkelnd strecken
und weithin ringsum blinzelnd seh'n:
Hier ist kein Schrecken!
Die Sonne badet mich -
und sie liebkost mein Ich!
Lang hielt ein Dämmern mich gefangen
(das ich wohl selber suchte)...
Nun ist die Sonne aufgegangen
und ich - des Lichtes Heimgesuchte -
ich habe kein Verlangen,
dass ich fluchte!
Nein, niemandem! Vergebens
wär' sonst die Kraft des Lebens.
Und atme ich den herben Hauch
von derber Stadtluft ein,
denk ich vielleicht: Ich hatte auch
einmal ein Haus im Frei'n.
Das ist vertan... Ich brauch
nicht gram zu sein!
Es lebt ja noch in Bildern
(so wird 's auch nie verwildern).
Glaub niemand, dass ich 's leichten Mutes
hingegeben habe.
Doch der Verzicht hatte sein Gutes:
es starb das Gramgehabe;
ein Lebensabschnitt heißen Blutes
ist nun zu Grabe.
Doch hatte ich mein Leben
dafür nicht hinzugeben.
Ist es ja doch so voll und reich!
Ersetzbar sind Besitze.
Des Kopfes Kühle steckt - zugleich
mit meines Herzens Hitze -
den Claim ab für ein neues Reich:
Kosmischer Blitze
voll sind die Gewitter
immaterieller Güter!
Nun darf ich denken, wie ich will!
Ich darf mich voll entfalten!
Das war schon lange nicht. (Wie viel
an Leid war auszuhalten...)
Nun darf ich mir - fast wie im Spiel -
mein Selbst gestalten!
Seht her auf mich: Ich bin!
'S ist des Verlusts Gewinn.
Wie wär' ein Sein auch anders möglich,
als sich darein zu fügen?
Die Seele selbst bleibt nur beweglich,
wenn sie sich regt! Nichts wiegen
da Schmerz und Leiden. Unerträglich
sind nur Lügen!
Gottlob sind die vergangen.
Ich bin nicht mehr gefangen!
Ich kann mich eines Windhauchs freu'n,
der meine Schläfen kühlt...
Und mit den Wolken im Verein
('s ist keiner, der sie hielt!)
fliegt meine Seele hinterdrein
dem, was sie fühlt!
Ich hebe ab - und schwebe.
Und das bloß, weil ich lebe!
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