Brandrodung
{Bearbeitung eines Kindheits-Traumas, 2002]

Ich trauere gerne... und weine doch nicht.
Mein Schmerz ist ein inneres Glühen.
Der Kern meiner Seele - ein glutrotes Licht -
hält Eisblumen lange am Blühen.

Was ist er denn kalt, dieser innere Brand,
dass er die Erstarrten nicht taue?
Verunsichert steh ich im Eisblumenland,
will weinen. Doch ob ich mich traue?

Ich fühle mich starr, beinahe gelähmt.
Dann presse ich: Eisperlentränen.
Sie lockern sich mühsam... Ich weine verschämt.
Sie klirren. Sie schmerzen und brennen.

Und doch bin ich stolz: ich habe geweint!
Ich habe den Bann gebrochen.
Noch weiß ich nicht recht, was der Schmerz denn nun meint.
Ein Ahnen kommt leise gekrochen:

Ganz nahe beim Lachen - das mir ja bekannt ist -
hat einst wohl ein Blitz mich getroffen!
Und weil die Erinnerung niedergebrannt ist,
war Besserung nie zu erhoffen.

Hochschießendes Unkraut bewuchert den Boden,
verwildert zu holzigen Hecken.
Es gilt, dieses Urland nun endlich zu roden
und schließlich: Es neu zu entdecken!

Ich grabe. Ich suche mit wachsender Liebe,
was immer ich finde in mir:
Da keimen und sprossen doch so viele Triebe
und so vieles Schöne wächst hier!

Weswegen verborgen?! Ein Traum wird 's dir sagen
(ein Alp aus der Kindheit wirkt Wunder):
Gedenke des Leides! Du musst es ertragen!
Zünd' an den frühkindlichen Zunder!

Archaisches will, dass du lebst! Und es weist dich
zurück in dein Kinderverlangen.
Mach Feuer - und schrei es hinaus: „Hier speist sich
mein Ich! Es war nur befangen!“


Wo flirrend vernebelnde Irrlichter schimmern,
braucht 's Mut, dich erinnern zu wollen!
Dein Leben aus Baustein um Baustein zu zimmern,
sind die ins Bewusstsein zu holen.


~ ~ ~ * ~ ~ ~