Trost
[eine Ballade inneren Lebens, 2000]

„Es wird schon werden“, sagt man für gewöhnlich,
wenn irgendetwas nicht nach Plan gelingt.
Und das belächle nicht! Es ist versöhnlich;
weil jeder Augenblick nach Neuem ringt.

Das Leben geht voran - und nimmt uns mit.
Wohin, weiß niemand recht. Und dennoch glauben
wir an ein Schicksal, das uns Schritt für Schritt
voranführt. Weil wir uns ein Ziel erlauben.

Wär es denn möglich, je daran zu zweifeln,
dass etwa gar die Sonne nicht mehr scheint?
Man mag vielleicht die Wolkenschicht verteufeln,
wenn man nur immer sie zu sehen meint,

doch kommt das Licht, das uns der Himmel sendet,
und all die Kraft, die er damit verspricht,
von dieser Sonne, die uns Leben spendet:
Sie ist im Schatten grad so wie im Licht!

Selbst nächtens, wenn die Erde sich herumdreht,
und wir die Sonne nur noch rücklings spüren,
sind wir gewiss, „dass sie nur rundherum geht“.
Wir lassen uns von diesem Rhythmus führen.

Wir lieben Tag und Nacht, Sonn', Mond und Sterne!
Es ist undenkbar, dass etwas passiert,
was diesen Kosmos störten könnte! Gerne
vertrauen wir darauf, dass er uns führt.

Mach auch im Kleinen dich nicht untertan
dem trügenden, oft zweifelnden Verstand.
Erkenne jene Überordnung an,
die gut verknüpfte Wirkungsnetze spannt!

Zwar sind uns die grundsätzlich unsichtbar,
doch sie sind da! Und dürfen unbewusst sein.
Weil vor der Menschwerdung Bedingung war:
ein „Selbst-“ entstehe aus dem „Welt-Bewusstsein“.

Daher verfolgt uns ständig jenes Suchen
nach Regeln höheren Zusammenspieles.
Und wenn wir die auch nicht real verbuchen,
so ahnen wir sie doch. Und wissen vieles.

Doch Worte können das nur schlecht benennen.
Um Raum-Zeit-Außengrenzen zu erschließen,
und Chaos als „die Ordnung“ zu erkennen,
braucht es ein wenig mehr als bloßes „Wissen“!

Auch dass das Leben millionenfach
vielfältigste Gestalt hervorgebracht hat...
und dabei alle Arten, nach und nach,
sich selber regelnd, so stabil gemacht hat...

folgt dem Gesetz: Systeme anzugleichen.
Um (höhere) Systeme zu errichten,
sind niederen: Gesetze nachzureichen!
Vom All bis in die Quarks; durch alle Schichten.

Doch was dem Kosmos gilt, gilt auch für dich!
Die Welt ist indeterminiert. (Nur dem
gehorchend, was aus Altem neu wird.) Sich
in sich vernetzend, fügt sich ein System.

Die Gegenwart - der Nabel aller Fragen -
ist die Verbindung, die die Zukunft nährt.
Und die Vergangenheit wird mitgetragen
(weil sich die Zukunft nur aus ihr erfährt).

Oft wird es ja dann auch erst später klar,
was angstbesetzte Seelen vormals quälte.
Erst muss ertragen werden, wie es war.
Und es gibt niemand, der sein Schicksal wählte.

Doch wer das seine anzunehmen wusste,
der wächst - von innen her - in sich hinein.
Nennt er Entbehrungen nicht gleich „Verluste“,
rennt er „Versäumnissen“ nicht hinterdrein.

So wird ein jeder Mensch Veränderungen
verschieden ausgestalten. Wie wir leben,
erzeugt dann jene zarten Maserungen,
die jedem Wesen seine Schönheit geben...

...oder auch nicht. (Je nach der Fähigkeit,
des Lebensweges Kämpfe zu bestehen.)
Drum füge dich - und suche Trost. Wer Leid
verdrängt, der macht es doch nicht ungeschehen!

Und daher fürchte nicht, was kommen mag.
Es kommt ja doch in der Art, wie du denkst!
Sieh zu, dass du den Leidensdruck, der Tag
für Tag dein Wachstum fördert, nicht verdrängst.

Es ist uns vorgeburtlich mitgegeben,
dass Wachstum schmerzt; und dass es uns verletze.
Doch es vernarbt sich dann zu vollem Leben!
Und so ist Leid ein Teil der Seinsgesetze.


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