Vier Sonette über den Fluss der Energie  -  1998


Was Glück ist

Dass Glück kein Gut ist, kann man ja verstehen.
Auch dass es zart und flüchtig ist, ist klar.
Doch wie entsteht es? Muss es (offenbar)
dem Wunsche, es zu halten, widerstehen?

Ich will doch glücklich sein! Kann Glück vergehen,
obwohl ich wähne, es währt immerdar?
Und das Gefühl dazu ist unanzweifelbar!
Wie kann es da so unbemerkt verwehen?

Das liegt am Menschen selbst. Der strebt und wertet
und formt sein Leben, dessen ungeachtet,
dass es fließend ist. - So auch das Glück.

Fließgleichgewichte sind gar leicht gefährdet!
Durch Nutzung wird ihr Urzustand missachtet,
und Urlandschaften ziehen sich zurück.


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Im Fluss der Energie

Die Energie des Körpers fließt beständig
- wie eine Quelle - unterirdisch fort.
Geheimnisvoll sind Geist und Seele dort
(im Körper) wirksam. Nütze ihn verständig!

Lass fließen, was da fließt! Ganz eigenständig
entströmt dir dann ein Wunsch, ein Werk, ein Wort...
„Die Kreatur in uns“ agiert sofort!
Nur ein gestauter Fluss macht unselbstständig.

Natürlich hat ein jeder Mensch sein Wehr.
Und meistens rührt es aus der Kindheit her.
Doch schilt die Alten nicht. Dein Ich bist du!

Nur du vermagst, dem Fluss dich nachzuformen.
Genieße dich! Zerbrich den Zwang der Normen
und horch den eigenen Gesetzen zu.


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Versager also?

Nicht selten legt sich plötzlich etwas quer.
Das irritiert uns (oft nur missverständlich).
Doch dann kommt Angst hinzu. Und die letztendlich
blockiert den Fluss der Energie noch mehr.

Zwar sind des Lebens Hürden gar nicht schwer.
Im Grunde meistern wir sie selbstverständlich,
als wär' die Kraft, die uns erwächst, unendlich!
Doch manchmal sind wir ausgebrannt und leer.

„Versager“ also. Welch fataler Schluss!
Und welch ein selbstverletzendes Geflenn.
Frag lieber: Was versage ich mir denn?

Spür' nach (und horch auf deinen Atemfluss),
wann du dich denn zuletzt an etwas freutest!
Und du wirst seh'n, dass du dich selbst beschneidest.


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Der Weg ist das Ziel

Was Not tut? Zu sich selber Ja zu sagen
und nicht auf and're Schicksale zu schielen.
Tief drinnen musst du - wie beim Puzzle spielen -
dein Selbst allmählich dir zusammentragen.

Dein Selbstbild ist nur Stückwerk? Nicht verzagen!
In den bewusster werdenden Gefühlen
wirst langsam DU. Dein Selbstwert wächst im Stillen.
Du wirst ihn später selten hinterfragen.

Und lang hernach - wenn du gewesen bist -
wird es sich unausbleiblich offenbaren,
mit welchem Wesen du durch 's Leben gingst!

Doch das braucht Zeit. Und dass du dich entschließt,
bewusst und gern den eig'nen Weg zu fahren,
womit du dir - zum Lohn - dein Selbst erringst.


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